Die Stände im Mittelalter

Die mittelalterliche Gesellschaft war klar strukturiert. Die "Stellung" des Einzelnen in der Gesellschaft war bestimmt von dem Stand, dem sie oder er angehörte. Dabei wurde unterschieden zwischen:

  • dem Klerus,
  • dem Adel und
  • dem einfachen Bürger oder Bauern

Der Klerus im Mittelalter

Dieser Stand gehörte den "Dienern Gottes", und zwar vom untersten Novizen an bis hinauf zum Papst. Es wurde innerhalb dieses Standes noch zwischen "niederem" und "hohem" Klerus unterschieden.

Hohe geistliche wie Bischöfe hatten großen Einfluss, auch in die weltlichen Bereiche hinein. Dies liegt einerseits daran, dass diese hohen Kirchenämter meist mit Adligen besetzt wurden, andererseits waren jedoch auch alle Adligen selbst gläubig und meist gottesfürchtig und wollten es sich daher nicht mit hochrangigen Kirchenbediensteten verscherzen.

Der Klerus finanzierte sich seit dem Frühmittelalter über den "Kirchenzehnt", also den zehnten Teil eines jeden Ertrages. Dies betraf sowohl die Ernte eines Bauern, als auch die Gewinne eines Händlers oder Handwerkers. Zum Vergleich: Die Kirchensteuer heute beträgt in Berlin rund 0,75% des Bruttoeinkommens. Da wundert es wenig, dass dieser Stand im Verlauf des Mittelalters ein gehöriges Vermögen anhäufen konnte.

Erstmals gesetzlich verankert wurde diese Abgabe unter Karl dem Großen, im "Kapitular von Herstal", im Jahr 779. Nach der Vorgabe von Papst Gregor II. aus dem Jahr 722, war der Kirchenzehnt an den Bischof zu entrichten, der die Einnahmen in vier gleiche Teile spalten und verteilen musste. Einen Teil sollte der Bischof für sich behalten, den Zweiten unter den niederen Geistlichen verteilen, mit dem Dritten Bedürftige und Kranke unterstützen und den Vierten zum Bau von Gotteshäusern aufwenden.

Der Klerus war die gebildetste Schicht im Mittelalter, er konnte lesen und schreiben, sprach Latein und beschäftigte sich zeitlebens mit Studien verschiedenster, gottgefälliger Art. Schon einfache Nonnen und Mönche waren daher in der Regel auch Heilkundige, dazu jedoch mehr auf der Seite "Medizin im Mittelalter".

Letztlich muss erwähnt werden, dass ausgerechnet der Klerus verhältnismäßig gute Aufstiegschancen für Frauen bot, die ansonsten im Mittelalter nicht viel zu lachen hatten. Eine Nonne, die sich zur Äbtissin hochgedient hatte, konnte tatsächlich über einigen Einfluss verfügen, auch über die Mauern ihres Klosters hinaus.

Der Adel

Seit der Antike wurden Adelstitel überwiegend vererbt und der einfache Mann musste schon ganz besondere Leistungen zeigen und dazu viel Glück haben um von seinem König oder Kaiser irgendwann in den Adelsstand erhoben zu werden. In der Regel führte dieser Weg über den Ritterstand, der seit dem beginnenden Hochmittelalter zum niederen Adel gezählt wurde.

Entstanden sind die Adligen jedoch aus besonders kompetenten und / oder erfolgreichen Anführern. Mit dem Adelstitel gingen diverse Befugnisse und wenige Verpflichtungen einher. So wurden einem Adligen Gebiete als Lehn überlassen und der Adlige konnte dann von den Menschen auf seinem Gebiet profitieren. Wie die Kirche erhielt auch der Lehnsherr im Mittelalter einen Zehnt, und bei Streitigkeiten mit seinen Untertanen war er selbst Gesetzgeber und Richter. Im Gegenzug musste der Adlige seine Untertanen lediglich schützen, wenn etwa Räuber auf seinem Land ihr Unwesen trieben oder auch bei kriegerischen Auseinandersetzungen mit anderen Regenten.

Einfache Bürger und Bauern

Der niedrigste Stand im Mittelalter gehörte den einfachen Bauern und Bürgern, die mit rund 90% jedoch den weitaus größten Anteil an der Bevölkerung bildeten. Sie hatten in der Regel ein sehr entbehrungsreiches Dasein und wurden selten alt. Im Frühmittelalter lag die durchschnittliche Lebenserwartung eines Bauern bei 32 Jahren, Frauen dieses Standes wurden durchschnittlich sogar nur 25 Jahre alt. Auch war die Kindersterblichkeitsrate in dieser Gesellschaftsschicht besonders hoch. Durchschnittlich erreichten nur zwei von sieben Kindern in einem bäuerlichen Haushalt das Erwachsenenalter. Erst im späten Hochmittelalter veränderten sich diese Zahlen nennenswert zum Positiven.

Während im Frühmittelalter die meisten Bauern (Bürger gab es zu dieser Zeit noch nicht so viele) noch frei waren, gerieten im Laufe der Jahrhunderte immer mehr von ihnen in die Leibeigenschaft ihrer Gutsherren bis es zum Anfang des Spätmittelalters fast keine freien Bauern mehr gab. Ursächlich dafür war unter anderem, dass der "Zehnt" nur selten tatsächlich "zehn Prozent" bedeutete.

Vielmehr wurde von den Grundherren festgelegt, dass beispielsweise auf einem Morgen Land (eine Fläche in der Größe, dass sie der Bauer mit einem Ochsenpflug an einem Vormittag pflügen konnte) zwei Zentner Getreide abwirft und der Zehnt für diese Landfläche daher bei 10 Kg Getreide lag. Diese Rechnung mag in guten Jahren aufgegangen sein, in nicht so guten Jahren konnte der "Zehnt" so aber auch schnell 30% des Ertrages bedeuten. Während Adel und Klerus sehr gute Jahre oft nutzten um den „Zehnt“ neu festzulegen, vergaßen sie gerne ihn in schlechten Jahren wieder zu reduzieren. Die Bauern konnten die hohen Abgaben nicht aufbringen und fielen dadurch in die Hörigkeit.

War ein Bauer einmal unfrei geworden verpflichtete ihn dies zusätzlich zur Abgabe der Zehnten zu Frondiensten, die im Spätmittelalter im "lus primae noctis", dem "Recht der ersten Nacht" gegipfelt haben sollen (der Gutsherr hatte das Recht jeder frisch vermählten, unfreien Frau auf seinem Territorium in ihrer ersten Nacht als Ehefrau beizuwohnen, was nur durch die Zahlung eines sogenannten "Stechgroschens" verhindert werden konnte). Es ist zwar unklar, ob dieses Recht tatsächlich jemals bestanden hat, aber es finden sich in ganz Europa verteilt einzelne Dokumente, die dies vermuten lassen.

Besondere Stände in Städten

Einen "Sonderstand" innerhalb von Städten bildeten ab dem Hochmittelalter Zunfthandwerker und Patrizier (Händler), die sich zu einer Gilde zusammengeschlossen hatten. Wenn alle Fleischer eines Ortes aus Protest die Arbeit niederlegten, entstand sehr schnell ein erheblicher Druck auf die Obrigkeit. Dadurch erstritten sich Zünfte und Gilden im Laufe der Zeit eine höhere Stellung, Privilegien und Rechte, die einfachen Bürgern oder Bauern verwehrt blieben. Im Spätmittelalter waren sie dem Stadtadel in der Regel gleichrangig, mancherorts sogar mächtiger.