Vereinsreise nach Haithabu - Auf zu den Wikingern!

Vorneweg: Ja, dies ist der Galeriebereich unserer Webseite und auch auf dieser Seite erwarten Euch wieder viele Fotos, diesmal von unserer Vereinsreise. Trotzdem möchte ich es nicht versäumen, zu diesem besonderen Ereignis ein paar Worte zu verlieren um euch vielleicht selbst noch etwas mehr Appetit zu machen, denn diese Reise war wirklich etwas ganz besonderes! Die Fotos sind deshalb thematisch sortiert und ihnen ist jeweils ein kleiner Begleitartikel vorangestellt um euch zusätzliche Informationen an die Hand zu geben.

Der Sinn und Zweck unseres Vereins besteht in Pflege von alten Traditionen und altem Brauchtum, sowie dem Erhalt von Überlieferungen einer längst vergangenen Zeit – dem Mittelalter. Hierzu ist es notwendig sich ausführlich mit unseren Wurzeln zu beschäftigen und Wissen über diese Dinge und die Verhältnisse vor 1000 Jahren anzuhäufen.

Daher wollen wir nicht nur regelmäßig als Darsteller zu Mittelaltermärkten fahren, sondern uns auch selbst stetig fortbilden und unseren bestehenden Erfahrungsschatz durch neue, alte Anregungen erweitern.

In diesem Jahr haben wir deshalb eine Bildungsreise in unsere Veranstaltungsliste aufgenommen und Haithabu besucht.

Für näher Interessierte hier noch zwei Flyer zu Haithabu und Schleswig zum Download als PDF:

Flyer Haithabu (Seite 1)

Flyer Haithabu (Seite 2)

Flyer Schleswig (Seite 1)

Flyer Schleswig (Seite 2)

Flyer Schleswig (Seite 3)

Flyer Schleswig (Seite 4)

Außerdem haben wir in unserer Rubrik "Mittelalter Fakten" weitere Zahlen, Daten und Informationen über die Wikinger zusammengestellt. Zu dem betreffenden Artikel geht es hier.

Alles in Allem haben wir unsere Vereinsreise sehr genossen und dabei auch noch viel dazugelernt. Ich möchte diese Tage jedenfalls nicht missen und freue mich schon auf den nächsten „Bildungsausflug“ mit Vingólf – Haus der Freundschaft e. V…. und vielleicht ja dann auch mit Dir!

Unser Campingplatz

Da diese Vereinsreise Bestandteil unserer Sommerurlaube war, sollte auch das Vergnügen nicht zu kurz kommen. Als Unterkunft hatten wir uns für den Campingplatz Wees am Ostseefjord Schlei entschieden und ich kann an dieser Stelle ohne schlechtes Gewissen eine ernsthafte Empfehlung für diesen Campingplatz aussprechen. Die Mitarbeiter waren sehr freundlich, die Atmosphäre familiär. Es gab einen tollen Kinderspielplatz, kostenloses W-LAN, einen Bootsverleih, eine Badestelle und das wichtigste: sehr saubere Sanitäranlagen, eine Küche und auch die Möglichkeit Wäsche zu waschen. Alles zu fairen Konditionen und in tadellosem Zustand - an dieser Stelle dafür vielen Dank nach Missunde!

Nachfolgend noch einige Eindrücke von unserer Unterkunft...

Großsteingrab Missunde

Was uns vorher gar nicht klar war, war die Tatsache, dass Missunde selbst auch ein archäologisches Denkmal besitzt. Die Rede ist von einem Großsteingrab, dass schon lange vor Beginn des Mittelalters entstand, aber dennoch einen kurzen Besuch wert war...

Wie zum Geier haben die vor 4500 Jahren diese Brocken aufgestapelt?

Übrigends begegnen einem solche Stätten in dieser Region öfter. Auf meiner Radtour vor dem eigentlichen Haithabubesuch (siehe unten) bin ich an einigen solcher Orte vorbeigekommen.

Haithabu wir kommen!

Haithabu (im heutigen Schleswig-Holstein) ist ein Museumsdorf, das von Archäologen wieder aufgebaut wurde / wird. Im Frühmittelalter war Haithabu ein bedeutender Handelsposten, strategisch phantastisch positioniert , direkt am Ostseefjord Schlei, im Grenzgebiet zwischen dem Land der Wikinger und dem fränkischen Reich bzw. slawischen Siedlungsgebieten, verfügte der Ort zeitweise über mehr als 1500 ständige Bewohner, was für heutige Verhältnisse nicht nach viel klingt, zu damaliger Zeit aber der Einwohnerzahl einer mittelgroßen Stadt entsprach.

Auch wenn Haithabu 1066, nach Brandschatzung durch westslavische Stämme aufgegeben und nach Schleswig "verlegt" wurde, ist das Museumsdorf heute Weltkulturerbe.

Zunächst konnten wir im Rahmen einer Führung durch das „Wikinger Museum Haithabu“ diverse originale Fundstücke bewundern und Erkenntnisse über Schmuck, Waffen, Werkzeuge und die Lebenseinstellung der Wikinger gewinnen.

Dabei kam unter Anderem heraus, dass die Wikinger, anders als die Franken, ihre Götter eher zweckmäßig behandelten und bei bedarf auch mal verleugneten. So hat es Amulette gegeben, auf deren Vorderseite Thor´s Hammer dargestellt war, auf der Rückseite war jedoch ein christliches Kreuz zu sehen, sodass man die Amulette stets so verwenden konnte, wie es gerade passte.

Auch spannend war, dass die Wikinger - als berühmte Seefahrer - gar keine Sägen kannten. Die Planken für die gleichermaßen berühmten, wie gefürchteten Wikingerschiffe wurden stattdessen mit sieben verschiedenen Äxten aus den Stämmen der Bäume herausgeschlagen.

Beeindrucken war darüber hinaus der riesige Fundus an Schmuckstücken, hauptsächlich gefertigt aus Draht und verschiedensten Perlen aus Glas, Horn, Knochen und anderen Materialien.

Leider weniger ergiebig waren dabei die Informationen bezüglich der Bekleidung dieser Zeitgenossen. Die Wikinger haben, abgesehen von einigen Runeninnenschriften an Grabstätten, kaum schriftliche Zeugnisse hinterlassen und da Kleidung immer und überall, hauptsächlich aus organischen Stoffen besteht, sind diese in den vergangenen Tausend Jahren nahezu rückstandslos zerfallen.

Auf jeden Fall ist es sehr beeindruckend, was die Wissenschaftler hier zusammengestellt und archiviert haben und ganz klar einen Besuch wert.

Das Museumsdorf

Vom Museum aus, ging es über den beeindruckenden Festungswall weiter in das Dorf, wo wir viel über die Lebensbedingungen, die Lebensart und die typische Wohnsituation dieser Menschen lernten, und obendrein einen kleinen Wikingermarkt besuchen konnten.

Dass bei den Wikingern drei Generationen unter einem Dach lebten mag auf uns heute ungewöhnlich wirken, war jedoch auch in unseren Breitengraden noch lange nach den Wikingern durchaus üblich. Ebenso, dass alle Bewohner des Hauses im selben Raum schliefen.

Anders als bei uns, war bei den Wikingern jedoch die Feuerstelle nicht in einen separaten Raum - die Küche - ausgelagert, sondern der zentrale Punkt in jedem Haus und die Schlafgelegenheiten jeweils um diese Feuerstelle herum angeordnet. Die langgezogene Form der Feuerstellen lässt die Vermutung zu, dass überwiegend Balkenfeuer gemacht wurden. Beides ist sicher den klimatischen Bedingungen geschuldet, die hoch im Norden ja noch um einiges härter sind, als bei uns in Mitteleuropa.

Höchst interessant waren die Erkenntnisse zum Umgang der Menschen untereinander. Ich persönlich habe dabei einen etwas verwirrenden Eindruck von den Wikingern gewonnen. Auf der einen Seite hielten sie Sklaven mit denen ihre Herren wirklich alles tun konnten, was sie wollten - übrigens genauso wie die Edelleute bei uns zu dieser Zeit Leibeigene hatten, dazu aber mehr in unserer Rubrik "Mittelalter Fakten - die Stände im Mittelalter" - auf der anderen Seite waren sie im Bezug auf die Gleichberechtigung von Mann und Frau schon deutlich weiter als wir. Frauen wurden auch an den Waffen ausgebildet und kämpften teilweise Seite an Seite mit ihren Männern. Sie konnten sich scheiden lassen, wenn sie mit ihren Männern nicht zufrieden waren, konnten meist die Position ihres Mannes übernehmen, wenn dieser verstarb und hatten zu Hause das Sagen, wenn die Männer alleine auf Raubzug gingen. All dies wäre im christlichen Mitteleuropa dieser Zeit undenkbar gewesen.

Die Eckernförder Wikingertage

Die gesamte Region ist bis heute geprägt von den Wikingern, bzw. vom Kontakt mit ihnen. Da wundert es nicht, dass neben Haithabu diverse, jährlich wiederkehrende Veranstaltungen an diese Zeit und die Menschen erinnern. Beispielsweise die "Eckernförder Wikingertage", die praktischer Weise exakt in unsere Reisezeit fielen. So konnten wir neben dem Museum und der Dorfrekonstruktion auch noch ein zünftiges Wikingerfest besuchen und einige zusätzliche Eindrücke mitnehmen.

Hierbei hat uns beeindruckt, dass in dieser Region anscheinend mehr Wert auf Handwerkskunst und realistische Darstellung, auch von gesellschaftlichen Anlässen, gelegt wird. Immer wieder stellen wir fest, dass im Berliner Raum viele Mittelaltermärkte wirklich reine Märkte sind. Teilweise gibt es dort weder Lagergruppen, noch Live Handwerksarbeiten zu sehen, sondern wirklich nur Verkaufsstände (meist mit dem billigen Chinaschrott, den alle haben) und Fressbuden. Dies wirkte sowohl auf dem Wikingermarkt in Haithabu, als auch in Eckernförde ganz anders! Hier war es ein Schauspiel, ein Theater, eine Inszenierung, die das Eintrittsgeld wert war und uns allen viel Vergnügen bereitet hat.

Anreise der besonderen Art

Für mich persönlich begann das Abenteuer jedoch schon vier Tage vor unserem Besuch in Haithabu, denn ich wollte noch näher heran an die Empfindungen und Herausforderungen, denen sich die Menschen zu dieser Zeit stellen mussten. Die Wikinger waren kein reines Kriegervolk, dass plündernd und mordend über den Rest Europas herfiel, sondern ebenso talentierte Handwerker und Händler. Aus diesem Grund führte bereits vor über Tausend Jahren eine wichtige Handelsroute aus dem fränkischen Reich nach Skandinavien. Die Rede ist vom historischen Ochsenweg, der in Wedel bei Hamburg seinen Anfang nimmt und über Haithabu bis nach Dänemark führt.

Leider ist auch mein Jahresurlaub begrenzt und so war es mir nicht möglich den Ochsenweg „zu gehen“. Stattdessen habe ich die gut 160km von Hamburg bis Haithabu mit dem Fahrrad zurückgelegt und ich habe mir auch den Luxus verweigert, Abends in Hotels einzuchecken, sondern auf meinem Drahtesel wirklich alles mitgeschleppt, was ich brauchte.

Zelt, Schlafsack und Luftmatratze, Verpflegung, Bekleidung, in der Summe 42kg Gepäck, die das Fahren nicht eben leichter machten. Gleiches galt für die Witterungsbedingungen. Man darf nicht vergessen, dass man auf einer (wenn auch breiten) Landzunge unterwegs ist. Zwar hat sich der von den Küsten aufs Land treffende Wind auf dem Ochsenweg bereits abgeschwächt, doch bleibt er dabei ständig deutlich spürbar. Auch waren drei meiner vier Anreisetage Regentage, sodass ich ab Tag 2 schon morgens in nassen Klamotten losgefahren bin und abends jeweils in einen feuchten Schlafsack kroch.

Da ich sicher bin, dass die Strecke zu Fuß nochmal deutlich anstrengender gewesen wäre und da die Menschen damals ja auch ihre Handelswaren noch mitschleppten, sich nebenbei um die Zugtiere kümmern und stets auf der Hut vor Wegelagerern sein mussten, während sie ständig der Witterung ausgesetzt waren… Ich kann nur sagen: „Das müssen damals echt harte Hunde gewesen sein!“